1789 – Brüderlichkeit
Bonjour, mesdames et messieurs! Guten Tag, ihr Lieben!
Während der Französischen Revolution wurde das Wort "Brüderlichkeit" in die bekannte Parole "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" aufgenommen, weil es das Ideal der Solidarität und des Zusammenhalts innerhalb der Gesellschaft symbolisierte. Die Revolutionäre wollten eine Gemeinschaft schaffen, in der die Menschen nicht nur frei und gleichberechtigt sind, sondern sich auch gegenseitig als Brüder und Schwestern betrachten und unterstützen.
Von allen drei Idealen scheint aus heutiger Sicht betrachtet das Ziel der Brüderlichkeit das Naivste zu sein. Schließen sich doch schon Freiheit und Gleichheit oft ziemlich aus und sind beide zusammen nur mit großen Anstrengungen erreichbar, so scheint ein geradezu geschwisterliches Miteinander in unserer individuellen, oft auch herzlosen und kalten Zeit utopisch und unmöglich zu sein.
Ja, in manchen unfreien Staaten, ich denke da vielleicht auch an das andere Deutschland vor 1990, da wurde versucht, so etwas staatlich zu verordnen, aber die Menschen sind von Natur aus einfach nicht dafür angelegt, alle anderen fremden Menschen als ihre Brüder und Schwestern zu betrachten.
„Blut ist dicker als Wasser“, sagt man, aber wie viele Leute gibt es, die sogar als echte Brüder oder Schwestern kaum noch miteinander kommunizieren oder heillos zerstritten sind?
Bei den ersten namentlich in der Bibel genannten Brüdern hat der erste den zweiten ja gleich mal totgeschlagen . Toll. Das war nicht zielführend.
Deshalb finde ich es ja gut, dass man das Ziel formuliert, sich gegenseitig zu achten, zu respektieren und sich zu unterstützen. Aber brüderlich oder schwesterlich verhalten sich Menschen in der Regel nur in ganz engen, vertrauensvollen Freundschaften oder eben, wenn sie einen gemeinsamen Vater u/o eine gemeinsame Mutter haben.
Wer sind wohl – gemessen an diesen Prämissen - die Menschen mit den meisten Brüdern und den meisten Schwestern?
Tja, das sollten dann wohl wir Christen sein. Warum? Weil wir einen gemeinsamen Vater im Himmel haben.
Die Schlachter 2000 – Übersetzung spuckt bei den Begriffen Bruder/Brüder 658 Treffer aus. Und fast immer handelt es sich im Alten Testament einschließlich der Evangelien dabei um echte Brüder, also Blutsverwandte.
Ab der Apostelgeschichte jedoch werden als Brüder und Schwestern bis auf wenige Ausnahmen fast immer die Geschwister im Glauben bezeichnet. Denn durch die Annahme des Herrn Jesus in unserem Leben sind wir durch unseren gemeinsamen Vater im Himmel zu Geschwistern „in Christus“ geworden.
„Das führt übrigens zu der paradoxen Situation, dass meine Frau Sabine und meine Töchter Julia und Tabea alle drei gleichzeitig auch meine Schwestern („in Christus“) sind.“
Apropos blutsverwandt: Gewissermaßen sind ja alle Christen auf der Welt untereinander auch symbolisch blutsverwandt, denn uns alle verbindet das am Kreuz vergossene Blut Christi.
Und als Brüder und Schwestern im Herrn sollen wir die anderen sehen, uns entsprechend verhalten und uns gegenseitig unterstützen. Die Apostel sparen hier nicht mit entsprechenden praktischen Hinweisen und Tipps.
Römer 12,9-21 z.B. enthält solche Anweisungen für Christen, die aus der Liebe Christi leben und sie im Alltag praktisch umsetzen sollen. Die dritte Anweisung (Vers 10) empfiehlt uns ganz direkt: „In der Bruderliebe seid herzlich gegeneinander; in der Ehrerbietung komme einer dem anderen zuvor!“
Das ist etwas, an dem die Menschen, die Gott nicht kennen, diejenigen erkennen sollen, die Gottes Kinder sind. Und hier sollen Christen auch Salz und Licht innerhalb einer Gesellschaft sein und zeigen, was brüderliche und schwesterliche Herzlichkeit und Ehrerbietung wirklich bedeuten.
Das gelingt uns leider nicht immer, aber mit der Hilfe, Vergebung und Gnade unseres Vaters im Himmel dürfen wir darin wachsen es und in Demut immer wieder neu zu leben versuchen.
Amen
Lied: Ein jeder trage die Last des andern – Manfred Siebald (1977)