Eine Zumutung

Ich habe kürzlich von meinem Freund Rudi folgende Gedanken gehört und möchte sie Euch mit meinen Worten weitergeben:

Viele haben die vergangene Woche wieder angefangen zu arbeiten, aber stell Dir vor, Weihnachten ist rum, es ist kalt draußen, du hast frei, sitzt gemütlich daheim und genießt noch ein paar freie Tage.

Plötzlich klingelt es abends an der Tür. Du denkst: “Wer klingelt denn um diese Zeit noch?“

Trotzdem gehst Du zur Tür und machst auf. Draußen steht ein junger Obdachloser, er sieht verfroren und hungrig, ungewaschen und verwahrlost aus.

Du fragst: „Wer sind Sie, was wollen Sie.“

Er meint: „Es ist so kalt, ich friere und habe leider nichts und niemanden, an den ich mich wenden kann. Dürfte ich mich bei Ihnen etwas aufwärmen.“

Du denkst: „Es war gerade Weihnachten, ich kann dem jetzt nicht einfach die Tür vor der Nase zuschlagen.“

Also bittest Du ihn herein und machst ihm einen heißen Tee. Als er bei Dir auf dem Sofa sitzt und seinen Tee trinkt, merkst Du in der Wärme des Zimmers auch, dass er ziemlich stinkt.

Da sagt er zu Dir: „Sie sind sehr freundlich. Ich habe großen Hunger. Haben Sie auch was zu essen für mich?“

„Eigentlich hätte ich selbst draufkommen können“, denkst Du und machst ihm was zu essen. Als der Fremde - er hat sich inzwischen als Andreas vorgestellt („Sie können mich Andi nennen“) – gegessen hat, sieht er schon etwas besser aus.

Du denkst: „Der Arme hat nichts für die Nacht und muss jetzt gleich wieder da raus.“

Da fragt er etwas kleinlaut: „Darf ich vielleicht die Nacht über bei Ihnen bleiben?“

Du überlegst kurz, redest auch mit Deiner Frau, aber schließlich seid ihr Christen und willigt nach kurzem Zögern und Beratung ein. Du pumpst die Luftmatratze auf, holst einen alten Schlafsack vom Speicher und bringst ihn für die Nacht im Hobbykeller unter. Da ist zwar gerade nicht geheizt, aber wenigstens besser als draußen und ein Dach über dem Kopf.

Am nächsten Morgen stinkt er immer noch.

Da fragt Andi Euch auch schon: „Darf ich mich bei Ihnen waschen?“

Du legst ihm zwei Handtücher hin, lässt ihn duschen und denkst Dir: „Er hat ungefähr meine Größe und Figur“ und gibst ihm ein paar abgelegte, aber noch gute Winterklamotten von dir.

Er ist überglücklich.

Nach dem Frühstück möchtet ihr Andi verabschieden, aber er fragt Euch: „Ich weiß, es klingt unverschämt, aber dürfte ich noch ein paar Tage bei ihnen bleiben? Ihr seid wie ein Zufluchtsort für mich.“

Jetzt kommt ihr langsam ins Grübeln. Der Kerl wird lästig, aber ihr erinnert Euch an einiges, was Jesus gesagt hat und sagt ihm zu. Jetzt richtet ihr ihm sogar das Gästezimmer ein, nicht ohne vorher ein paar Wertgegenstände und Euer Geld gut versteckt zu haben.

Ihr verbringt Silvester und Neujahr mit ihm, er ist eigentlich ganz nett, aber jetzt wollt ihr ihn langsam wieder loswerden.

Da sagt er zu Euch: „Ich weiß, ihr beide wart sehr, sehr nett zu mir (ihr seid inzwischen per Du), aber könnt ihr mir vielleicht ein bisschen Geld leihen? Ich habe ziemlich viele Schulden. Vielleicht hilft mir das, die schlimmsten zu bezahlen.“

Jetzt schrillen bei Euch alle Alarmglocken.

Ihr denkt: „Wir waren so nett zu ihm, das hätten nicht viele getan, aber jetzt will er auch noch Geld von uns.“ Schließlich ringt ihr Euch auch dazu durch, obwohl Euch klar ist, dass ihr Euer Geld niemals wiedersehen werdet.

Als ihr ihm das Geld gegeben habt und ihn zur Haustür bringen wollt, druckst er noch ein bisschen rum.

Du sagst: „Andi, was hast Du?“

Er meint: „Ich hatte niemals ein richtiges Zuhause. Bei Euch habe ich mich zum ersten Mal so richtig angenommen gefühlt.“ Und leise fügt er hinzu: „Kann ich nicht für immer bei Euch bleiben, bei Euch wie ein Sohn bei seinen Eltern?“

Das wäre für immer, das bedeutet Adoption. Spätestens jetzt steht ihr vor der letzten Entscheidung und eigentlich jeder würde spätestens hier die Notbremse ziehen.

Was hat mich an dieser Geschichte beeindruckt?

Die Jahreslosung 2022 lässt mich noch immer nicht los.

Denn genau das ist es, was Jesus damit meint, wenn Er sagt: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ (Joh. 6,37).

Das ist nicht nur ein bisschen Gastfreundschaft, das ist nicht nur ein bisschen Kaffeetrinken oder zusammen essen, einander mal was Gutes tun. Nette Christenpflicht halt. Was Jesus uns hier anbietet, das ist vollkommene Annahme ohne Kompromisse weit über das hinaus, was Menschen füreinander tun können und auch wollen.

Und das ist das, was Gott an Dir tut:

Er nimmt Dich an in Deinem ursprünglichen schmutzigen, verkommenen Zustand, er baut Dich wieder auf, er reinigt Dich durch das kostbare Blut Seines einzigen Sohnes, er bezahlt Deine Schulden mit allem, was er selbst hatte und er nimmt Dich als Sein Kind in Sein Haus auf. Und Du hast die Verheißung, die Erlaubnis und das Versprechen, ewig bei ihm bleiben zu dürfen.

Aber so viele irren einsam und verloren durch die Dunkelheit und Kälte dieser Welt, halb erfroren und voll Hunger auf erfüllendes Leben und merken es noch nicht einmal, bis es zu spät ist.

Und ohne den Zufluchtsort zu kennen. Und doch gibt es ihn. Diesen einen und letztendlich gültigen Zufluchtsort, der dies alles geben kann.

Wir sollten ihn als Christen eigentlich kennen und auf diesen Zufluchtsort „Jesus“ sollten wir, wenn wir Christen sind, immer wieder hinweisen, damit Menschen gerettet werden. Das ist das, was der Herr von uns als Christen möchte.

Denn wenn sie nach unserer Einladung zu Ihm kommen, dann wird Er sie nicht hinausstoßen.

Amen

Lied: Vater bei Dir - The vocals

Beitrag teilen