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Nov
Kurz nachgedacht:
(Der Impuls enthält u.U. Links zum weitergehenden Verständnis)
Barmherzigkeit ist auch wieder so ein Wort, mit dem viele von uns nichts anfangen können, weil wir die Bedeutung von Barmherzigkeit vom Wort Gottes her vielleicht in unserem Alltag ähnlich aus den Augen verloren haben wie die Bedeutung des Wortes Gnade.
Ich selbst habe lange Zeit Barmherzigkeit und Gnade in einen Topf geworfen als etwas Ähnliches, was wir halt von Gott bekommen. „Gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte“, heißt es in Psalm 145,8.
Aber Gnade und Barmherzigkeit sind nicht dasselbe. Es sind zwar zwei Seiten derselben Medaille, aber durchaus gegensätzlich angelegt. Ich habe vor einiger Zeit eine Definition gehört, die mir einleuchtete. Darin wurde formuliert: „Gnade ist, wenn du bekommst, was du nicht verdient hast, Barmherzigkeit ist, wenn du nicht bekommst, was du verdient hast.“
Nun nennt uns die fünfte Seligpreisung, die Jesus ausspricht, glückselig, wenn wir barmherzig sein. Was bedeutet es nun für dich und mich, barmherzig zu sein? Es bedeutet, mit dem Nächsten, der dieser Barmherzigkeit bedarf, Mitleid zu haben und ihm gegebenenfalls aktive Hilfe zu leisten. Wer ist mein Nächster? Jeder, dem wir begegnen und der unserer Barmherzigkeit bedarf.
Zu den Fragen „Wer ist mein Nächster und was bedeutet es, barmherzig zu sein?“, hat Jesus ein bekanntes Gleichnis erzählt. Das heißt „Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter“ und steht bei Lukas 10,25-37. Lest es Euch gerne mal durch! Da habt ihr ein ganz praktisches Beispiel, wie ihr selbst barmherzig handeln sollt, wenn ihr von Jesus als glückselig bezeichnet werden wollt.
Barmherzig sein bedeutet also, aktives Mitleid zu empfinden. In anderer Hinsicht kann es bedeuten, jemand, der eine Strafe verdient hat, diese Strafe zu ersparen. Und in einem weiteren Sinn bedeutet es, Notleidenden zu helfen, die sich selbst nicht helfen können.
All das und noch viel mehr ist Barmherzigkeit. Und genauso handelte Gott an uns, als er Seinen Sohn stellvertretend für uns als Sünder, an unserer Stelle sterben ließ. Gott erließ uns die Strafe, die wir verdient hätten. Wenn wir barmherzig sind, ahmen wir die Barmherzigkeit Gottes nach und ehren Ihn dadurch.
Den Barmherzigen wird Barmherzigkeit widerfahren. Hier spricht Jesus nicht davon, dass wir errettet sind durch die Gnade, die wir nicht verdient haben. Diese Gnade hängt nicht davon ab, ob jemand selbst barmherzig ist - sie ist ein bedingungsloses Geschenk. Unser Herr spricht von der Gnade, die der Christ im täglichen Leben braucht und von der Barmherzigkeit in der Zukunft, wenn unsere Werke beurteilt werden (2. Kor. 5,10, 1. Kor 9,12-15. 1.Korinther 4,3-5, 2. Timotheus 4,7–8 = Übrigens, der Richterstuhl Christi ist nicht das Endgericht). Auch unsere Barmherzigkeit ist ein solches Werk. Wenn man nicht barmherzig gewesen ist, dann wird man auch keine Barmherzigkeit empfangen, d.h. dass der Lohn entsprechend niedriger ausfallen wird.
Unsere Welt ist voller Unbarmherzigkeit und deshalb auch voll von Unglückseligen in den Augen Gottes.
Ach, würden wir doch alle auch in diesem Punkt nach der Glückseligkeit bei Gott streben, indem wir barmherzig sind und dann auch selbst einmal den Lohn von Gott dafür empfangen!
Frage dich ehrlich: Bin ich ein barmherziger oder unbarmherziger Mensch? Gehe ich achtlos an denen vorüber, mit denen ich als Christ aktives Mitleid haben sollte? Und kann ich auch barmherzig gegenüber denen sein, die meine Barmherzigkeit nicht verdient haben?
Ich wünsche Dir die Glückseligkeit eines oder einer Barmherzigen.
Amen
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Lied: Barmherzigkeit (Jahreslosung 2021) – Jörg Streng